Suizid
Mit einem Lächeln sitzt er mir gegenüber.
Denn er ist frei. Ist Zuhause.
Dort, wo er sich wohlfühlt.
Er blickt auf sein Leben zurück.
Ich spüre ein Ziehen in seinem Magen.
Schmerzen, unerklärliche Schmerzen.
Doch nicht die Körperlichen schmerzen, es sind die Seelischen, die schlimm sind. Für die er keine Lösung findet.
Er zeigt mir seine Kindheit, eine farbenfrohe, glückliche Kindheit.
Mit einem Bruder und einer Schwester. Geschwister, wie sie besser nicht hätten sein können
Und Freunde. Er hat viele davon.
Ist der Clown der Clique.
Er schmunzelt während er das erzählt, in Erinnerungen schwelgt.
Und doch war da etwas, was fehlte.
Eine Leere, die unerklärlich war. Und unerträglich wurde.
Obwohl er noch immer viele Leute um sich hatte, nie alleine war, fühlte er sich alleine.
Mit 17 das erste Mal Gedanken an Selbstmord.
Wieso?
Das kann er mir nicht sagen, nicht weil er nicht möchte, sondern weils unmöglich ist, dieses Gefühl in Worte zu fassen.
Ich spüre die Leere in ihm. Ein riesiges dunkles Loch. Diese Schwere erdrückt mich fast...
"Alles verlor seine Farbe, war grau, von einem Nebel bedeckt".
Er sucht sich Hilfe. Professionelle Hilfe. Spricht erstmals darüber, wie er sich fühlt. Zumindest soweit es ihm möglich ist. Ein bisschen Farbe kehrt zurück in sein Leben. Doch der Schleier bleibt. Kurz nach Beenden der Sitzungen, verliebt er sich.
Es folgen die 2 schönsten Jahre seines Lebens. 2 Jahre, wo er sich das erste Mal so richtig lebendig fühlt. Farbenfroh. Die Spässchen, die er macht, auch selber mitfühlen kann. Nicht nur dummes Geschwätz.
Dann aber stirbt ein guter Freund von ihm. Ermordet, umgebracht.
Von einer auf die andere Sekunde kommt das schwarze Monster zurück. Überfällt seinen Körper, vernebelt seine Sicht. Er fühlt seinen Körper nicht mehr, weiss nicht, was in seinem Geist vorgeht.
Zum Schutz für sie, trennt er sich von seiner Freundin. Nicht, dass er ihr was angetan hätte. Er ganz bestimmt nicht.
Er tut es aus Liebe.
Die Zeit darauf ignoriert er alle Anrufe, alle Besuche, will alleine sein.
"Dann einige Zeit später hatte ich genug vom Alleinesein". Er geht wieder unter die Menschen, führt Gespräche. Oberflächige Gespräche.
"Viele Menschen dachten wirklich, es ginge mir wieder gut. Ich war wohl ein sehr guter Schauspieler", sagt er nachdenklich & doch schmunzelnd.
Dann 1 Tag vor seinem 22. Geburtstag, beendet er sein Leben.
"Ich weiss, der Zeitpunkt war verschissen... Aber mal ehrlich... Ist nicht jeder Zeitpunkt dafür beschissen?"
Heute ist er schon 7 Jahre tot. Tot & doch lebendiger als je zuvor.
Er weiss, welchen Schmerz sein Tod hinterlassen hat & doch bereut er nicht.
"Auch wenn es schwer zu begreifen ist, aber hier findet mein wahres Leben statt. Hier darf ich ICH sein, weiss wer ich bin, in meiner ganzen Fülle ohne schwarzes Monster, das mich aufzufressen droht. Schmerzfrei" .
Er will, dass ich das weiss & euch an diesem Wissen teilhaben lasse.
Merci, du grossartige Seele
Und noch etwas, dass ich jetzt trotzdem noch "anhänge".
Wir haben hier in unserem Haus so 2 Klangspiele am hängen. Eines das Element Erde, das andere Wasser.
Noch nie haben die von alleine geklingelt. Und genau jetzt, als ich mich bei der Seele bedankt & verabschiedet habe, ertönen mehrere Klänge davon. Ach wie ich solche Momente liebe